Patrick Schweizer – «Kämpfer am Kreis»!

Patrick Schweizer wechselte diese Saison vom STV Baden zum TV Möhlin und verstärkt als Kreisläufer die Möhliner Abwehr. Leider hat sich der 26-jährige Verteidiger im NLB-Spiel gegen Birsfelden (23.10.2021) einen Kreuzbandriss am rechten Knie zugezogen. Aber nichtsdestotrotz begleitete, der an Krücken gehende Handballer, die Mannschaft danach nach Schaffhausen, um beim achten Meisterschaftsspiel dabei zu sein.

Patrick Schweizer ist am 1.Juli 1995 geboren und zusammen mit Ramon (Jahrgang1992) und Simona (1990) in Eiken aufgewachsen. Ungefähr im Alter von acht Jahren besuchte Patrick die Jugi in seinem Dorf, wo im Sommer Leichtathletik trainiert und im Winter Handball gespielt wurde. Daneben besuchte er auch Schwimmlektionen. Vier Jahre später musste der Junge sich entscheiden, welche Sportart er zukünftig vollumfänglich betreiben wollte. Seine Wahl fiel auf Handball, weil er den Körperkontakt nicht scheute und den Teamsport toll fand. Zudem spürte «Schweizi», dass er in diesem Ballsport am meisten erreichen könnte, denn Fussball und Volleyball vermochten ihn wenig zu überzeugen, da er, wie er selbstkritisch äussert, koordinativ nicht mit viel Talent gesegnet sei.- Beruflich arbeitet Patrick in einem Treuhandbüro in Magden als Sachbearbeiter Rechnungswesen/Steuern und absolviert zudem die Weiterbildung zum Fachmann im Finanz- und Rechnungswesen.

Jugend- und Juniorenstationen
Ab 2007 wechselte der Teenager in die U15 beim TSV Frick. Ein Jahr später trainierte er bereits in der Kantonshauptstadt beim HSC Suhr Aarau, der Talentschmiede, wo er in den Elitekategorien U15, U17 und U19 auflief. Mit der U15 wurde er Schweizer Meister, mit der U17 gar zweimal und danach stand er mit der U19 noch einmal zuoberst auf dem Podest. Weiter spielte er in der Regionalauswahl Aargau plus, mit welcher Patrick 2009/2010 Vize-Schweizermeister wurde. Etwas später, in der Saison 2013/2014, trainierte der ambitionierte Junior-Handballer partiell mit dem Team des HV Olten (1.Liga). Ein Jahr danach, stand der Zwanzigjährige hauptsächlich im Aufgebot des HV Olten und trainierte regelmässig mit dem STV Baden (NLB). Nach personellen Umstrukturierungen beim Städtli, bestritt er am 14.Februar 2015 sein erstes NLB-Spiel, auswärts im Steinli, gegen den TV Möhlin. Seit diesem Zeitpunkt war er fest im Kader von Städtli Baden bis 2020/21.

Rückraumspieler oder doch am Kreis?
Patrick meint dazu: «Zu Beginn meiner Karriere wurde ich auf diversen Positionen eingesetzt und getestet. In Frick war ich Rückraumspieler, weil ich der grösste Spieler war. In Aarau wurde ich dann zum Kreisläufer umgeschult und ich hatte auch kein Problem damit, da am Kreis fast die meiste Action läuft. Ich teile gerne aus und stecke auch gerne ein. Am Kreis muss man eine stabile Körperhaltung haben, da wird gestossen, gezogen und geschoben. Man muss viel Spielübersicht zeigen um zu entscheiden, wann eine Sperre Sinn macht und wie meine Mitspieler und/oder Gegner reagieren.» Er erklärt: «Die Herausforderungen für den Kreisläufer sind sicherlich die hohen Erwartungen, dass man jeden zugespielten Ball fängt und unter Bedrängnis das Tor macht oder zumindest den Siebenmeter herausholt. Aber auch, dass man eine gute Sperre setzt und der Mitspieler dann freie Bahn aufs Tor hat oder man mit einer Sperre die ganze Verteidigung auseinanderbrechen kann.»

Erfolge und Schlüsselmoment
«Tolle Erfolge waren sicherlich die Schweizermeistertitel oder das Aufgebot für den Förderlehrgang der U17 Nationalmannschaft, dann das Playoff Final um den Aufstieg in die NLA mit Baden gegen den RTV Basel (mit Samir Sarac als Coach). Aber auch, dass ich schon seit mehreren Jahren in der NLB Handball-Spiele bestreite, welche für meinen Körperbau nicht gerade vorteilhaft sind (wie der Nationaltrainer mir damals gesagt hatte, denn ich sei zu leicht und zu klein für internationale Spiele). Deshalb gebe ich jedem Jugendspieler gerne mit auf den Weg, man soll sich von solchen Aussagen nicht runterziehen lassen, sondern sich motivieren und solchen Leuten zeigen, dass sie falsch liegen können.» Schweizer fügt hinzu: «Talent haben, reicht bekanntlich nicht, aber wenn du bereit bist, immer über 100 Prozent zu geben, wenn du mit Fleiss und Willen ackerst, dann kannst du viel erreichen.»

Der Wechsel von Baden nach Möhlin
Seit diesem Jahr spielt Patrick Schweizer in den orangen Farben des TV Möhlin, er hat für zwei Jahre unterschrieben. «Ich erlebe den Wechsel von Baden nach Möhlin gerade extrem. Das Umfeld hier, das Teamgefüge, ist ganz anders, sehr familiär, wie es halt in einem Dorfverein ist. In Baden war es eine andere Mentalität. Das Umfeld ist städtisch, der Handball geniesst wenig Ansehen, dafür ist Baden als Kulturstadt eine Hochburg. In Möhlin habe ich das Gefühl, es kommen viele Fans in die Halle, weil sie die erste Mannschaft spielen sehen wollen und nicht nur, weil der Freund oder das Familienmitglied seinen Auftritt hat. Ich bin froh, mich nach guten Jahren in Baden, dem neuen Verein angeschlossen zu haben. In Baden wurde ich vom Juniorenspieler zum «reiferen» Handballer geformt, ich lernte viele Dinge und danke auch an dieser Stelle für alles, was ich in Baden vermittelt bekommen habe.»

Blaue Flecken und andere Blessuren
Handball ist körperbetont, ist athletisch und lebt von schnellen Bewegungen, deshalb enden abrupte Richtungswechsel oder der Kontakt mit dem Gegner ab und zu mit schweren Verletzungen. Handballer können ein Lied davon singen, auch unser Interviewpartner: «Ich habe schon zahlreiche Verletzungen durchgemacht, Sehnenabriss und Kapselschaden am Ellbogen, Nasenbeinbrüche, Gehirnerschütterungen, angerissene und gerissene Bänder an den Fussgelenken, Mittelhandknochenbruch, dann Muskelfaserrisse bis zu diversen Fingerverletzungen und zwei Diskushernien und nun die aktuelle Verletzung mit dem Kreuzbandriss am rechten Knie. Zudem musste ich auch schwierige Phasen durchstehen, bei welchen ich mental und körperlich an meinen Grenzen kam. Ich möchte jedem nahelegen, dass egal, wie schwer die Situation ist, man weiterkämpfen muss, sich wieder aufbaut, z.B. mit nahestehenden Personen darüber redet. Es ist nicht einfach und braucht Zeit, Mut und Wille, aber man kann es erreichen, wenn man es will.» Und bekennt: «Ich habe für mich entschieden, für meine Träume einzustehen und dafür viel zu arbeiten und mich nicht durch Rückschläge einschüchtern oder verunsichern zu lassen.»

Gedanken zu Corona, aktuelle Saison und die Liebe zum Handball...
«Der Abbruch der Spielsaison wegen Corona, war unschön, weil wir mit Baden, wie auch Möhlin, weit vorne klassiert waren!» Gerne hätte Patrick Schweizer dieses Duell um den Aufstieg gespielt, nun bleibt es Wunschdenken. Die Corona-Pandemie hat ihm dafür mehr Raum für Privates ermöglicht, denn er arbeitet gern handwerklich, hilft seinen Grosseltern im Garten oder im Wald und verbringt oft Zeit bei Freunden auf deren landwirtschaftlichen Betrieben.

Die aktuelle Saison konnte gestartet werden, trotz oder mit Schutzbestimmungen und der TVM musste bereits zwei empfindliche Niederlagen einstecken. Schweizer erklärt dazu: «Ja, die Niederlagen gegen Biel und Birsfelden schmerzen sehr, zuhause doppelt schwer. Und deshalb stehen wir im Moment nicht da, wo wir als Team hinwollten. Wir können besser spielen und die Topteams schlagen, aber wir haben uns da nur selbst geschlagen. Ich weiss es nicht, warum es im Kopf manchmal nicht stimmt, am Glauben an die eigene Leistung? Wir müssen lernen, auch wenn es schlecht läuft, uns aufzurichten und weiter zu kämpfen bis zum Schlusspfiff. Danach kann man Fehler in Ruhe ansprechen. Das hat mir gegen Biel gefehlt. Gegen Birsfelden war es da, das Kämpfen, die Körpersprache und die Leistungsbereitschaft».

Patrick liebt den Handballsport über alles und betrachtet ihn als wichtigen Ausgleich. Wenn er in der Halle steht, kann er Sorgen und Probleme vergessen und sich ganz auf den Ballsport konzentrieren. Auf dem Feld zeichnet er sich als loyaler Kämpfer, als Motivator und Leistungsträger aus. Und was er anpackt, will er richtig machen, deshalb investiert er seit Jahren enorm viel in den Handballsport. Er denkt gar an seine Zukunft und meint schmunzelnd: «Wenn ich im Ruhestand bin, will ich sagen können, ich habe alles gegeben und das alles habe ich erreicht und muss mir keine Gedanken machen, was wäre, wenn».

Ein klares Statement eines fokussierten Handballers zum Schluss. Wir danken Patrick für das ausführliche Interview und wünschen ihm gute Besserung, viel Kraft und freundschaftliche Unterstützung auf dem langen Weg zurück auf die Platte.

TV Möhlin / Christine Steck

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